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Thora: „Nach jüdischer Auffassung empfing Moses im Offenbarungsgeschehen am Sinai nicht bloß die Tora im Sinne der hebräischen Bibel, also die „schriftliche Tora“, von Gott, sondern auch die „mündliche Tora“. Sie ist der Schlüssel, der allein zum vollen Verständnis der schriftlichen Tora Zugang verschafft. Diese „mündliche Tora“ wurde, wie ihr Name besagt, mündlich über viele Generationen hinweg weitergegeben und fand schließlich in der rabbinischen Literatur ihren schriftlichen Niederschlag. Die zweifache Tora enthält das von Gott geoffenbarte Gesetz mit seinen moralischen und rituellen Bestandteilen. Die Gestalt dieser Gesetze ist Ertrag eines immerwährenden Diskurses, der Entscheidungen für neue Situationen in anderen Epochen hervorbringt und damit Wandel ermöglicht und Kontinuum greifbar macht.

Das Judentum als solches hat sich zu jeder Zeit verändert und gewandelt. Es hat den Glauben der Erzväter mit der Gesetzgebung am Sinai in Einklang gebracht, mit dem Idealismus der Propheten, mit den praktischen Anliegen der Rabbinen. Es berücksichtigte die sozialen Bedingungen verschiedener Epochen und reagierte auf zeitgenössische Lebensstile und Einstellungen, wenn es sie auch nicht zwangsläufig nachahmte.“[i]

[i] Homolka in Küng / Homolka, 2008. 29 f.

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