In den Texten auf dieser Seite sind viele Zitate, meist jüdischer Autoren, enthalten. Um die Lesbarkeit der Texte zu verbessern, wurde hier auf Quellenangaben verzichtet. Alle Texte sind dem Artikel „Grundlagen“, der in der Rubrik „Download“ steht, entnommen. In diesem Artikel sind auch sämtliche Zitate und sonstige Anmerkungen mit regelgerechten Quellenverweisen und einem vollständigen Literaturverzeichnis zu finden. Nicht mit der Angabe eines Urhebers versehene Texte stammen vom Autor dieser Abhandlung.

Grundsätzlich wird in den Texten die deutsche Rechtschreibung nach den Regeln des Dudens beachtet. Bei namentlich gekennzeichneten Texten externer Autoren wird deren Schreibweise übernommen.

Juden in der Welt 

Zurzeit leben auf der Welt etwa 15 Millionen Juden, davon etwa sieben Millionen im Staat Israel, sechs Millionen in Nordamerika, eine Million in Europa und eine Million in anderen Gebieten. Diese Zahlenwerte sind grob geschätzt. Es gibt keine genauen Zahlen, weil in den verschiedenen Ländern nach unterschiedlichen Maßstäben oder gar nicht gezählt wird. In Deutschland zählen die jüdischen Gemeinden heute etwa 100.000 Mitglieder. Die Menge der Juden, die keiner Gemeinde angehören, wird mit Werten zwischen 15.000 und 100.000 geschätzt. Gesichert ist die Angabe, dass „seit 1989 rund 200.000 Menschen jüdischer Abstammung aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland eingewandert sind.“

Weltbevölkerung / Weltreligionen

Auf der Erde leben heute etwa 7,8 Milliarden Menschen. Der Anteil der Juden an der Weltbevölkerung beträgt somit unter zwei Promille. Das ist in der Grafik nicht darstellbar. Aber: Christentum und Islam gäbe es ohne die jüdische Religion nicht. Die Grafik zeigt deshalb auch, dass über die Hälfte aller Menschen direkt oder indirekt durch die jüdische Religion beeinflusst sind: Christen und Muslime glauben an den einen Gott, an den zuerst Abraham glaubte.

Anfang des 20. Jahrhunderts lebten im Deutschen Reich etwa 600.000 Juden. Diese Zahl sank durch Emigration bis zum Jahr 1933 auf etwa 500.000. Unter Zwang und Verfolgung des nationalsozialistischen Regimes verließen bis zum Beginn des 2. Weltkriegs weitere fast 300.000 Juden Deutschland. Von den etwa 220.000 Deutschen jüdischen Glaubens, die 1939 noch im Deutschen Reich lebten, überlebten nur etwa 50.000 die Shoah. Viele der Überlebenden wanderten aus, auch in den heutigen Staat Israel.

Juden in Deutschland nach 1955 

1955 gab es in Deutschland nur noch etwa 17.000 Juden in wenigen jüdischen Gemeinden. Die Grafik zeigt nach dem Zerfall der Sowjetunion und der politischen Wende in Osteuropa einen starken Anstieg: Aus diesen Gebieten zogen viele Menschen, darunter auch viele Juden, nach Deutschland. Das veränderte die Struktur vieler jüdischer Gemeinden in Deutschland erheblich. Sprachprobleme mussten überwunden werden und die Integration stellte die jüdischen Gemeinden vor bis dahin nicht gekannte Aufgaben.

Jüdische Identität

Habt ihr persönlich eine Vorstellung von einem „typischen Juden“, wie „der Jude“ aussieht, wie er lebt, was er denkt? Bitte vergesst diese Vorstellung jetzt: Es gibt keinen „typischen Juden“! Jeder Satz, der mit „die Juden“ oder „der Jude“ beginnt, endet regelmäßig in einem Klischee, einem Vorurteil, einer Verallgemeinerung und ist meistens genauso falsch wie Sätze, die mit „die Deutschen“ oder anderen pauschal bezeichneten Menschengruppen anfangen.

Für Lehre und Predigt in einer christlichen Kirche ist Sorgfalt angesagt, wenn von „den Juden“ gesprochen wird. Besonders im Text des Evangeliums nach Johannes sind „die Juden“ oft ohne weitere Einschränkung und Erläuterung enthalten; Luther hat aus der griechischen Vorlage hier völlig korrekt übersetzt. Christliche Lehrer*innen müssen sich bewusst sein, dass die Zuhörer mit dem Begriff „die Juden“ automatisch auf die heute lebenden Juden gelenkt werden und die Aussagen unbewusst mit vorhandenen Stereotypen oder Vorurteilen verbinden.(A1)

Jesus war Jude. Die ersten Apostel waren Juden. Jesus lebte als gesetzestreuer Jude und sprach zu seinem Volk, dem jüdischen Volk. Die Zuhörer der Bergpredigt waren Juden. Die ganze Christengemeinde in Jerusalem bestand aus Juden. Paulus war Jude und Pharisäer und hob hervor, dass er bei dem berühmten Rabbi Gamaliel in die Schule gegangen sei.

Antisemitische Vorstellungen und Klischees passen nicht zu einem Christen, genauso wenig wie Pauschalurteile über andere Menschen oder Menschengruppen. „Richtet nicht über Andere“ ist eine der zentralen Aussagen der Bergpredigt. Gerade die unrühmliche Geschichte des Christentums im Verhalten gegenüber dem Judentum muss christliche Lehrer*innen hoch sensibel gegenüber allen antijudaistischen Aussagen machen. (C1)

Wer ist „Jude“?

Auf diese Frage, die viele Experten der letzten 2.000 Jahre beschäftigt hat, wurde bis heute keine eindeutige Antwort gefunden. Selbst David ben Gurion, damals Premierminister des neugegründeten Staates Israel, konnte die Frage nicht beantworten. Er schrieb am 30. November 1958 deshalb einen Brief an 50 bekannte jüdische Wissenschaftler und bat um eine Antwort. Er bekam 50 verschiedene Antworten, die man zwar in sieben ähnliche Auffassungen zusammenfassen konnte, diese sieben „konnten aber bei bestem Willen auf keinen gemeinsamen Nenner gebracht werden.“ 

„Vielleicht“, Zitat eines großen jüdischen Philosophen der Neuzeit, „ist der Begriff Jude überhaupt undefinierbar. Vielleicht übersteigt sein Inhalt oder sein Wesen die Grenzen der menschlichen Sprache – so wie auch keine Theorie der Wissenschaft die zähe Langlebigkeit und wiederholte Auferstehung des Judenvolkes bis heute zu erklären vermag. Kann denn jemand Gott definieren? Oder Liebe? Oder Wahrheit?“

Die jüdische Identität eines Menschen ist, wie jede Identität eines Menschen, von vielen Einflüssen und Überzeugungen geprägt, sie ist religiös und soziologisch begründet und kann sich im Verlauf eines Menschenlebens auch verändern. „Jeder von uns Juden hat eine andere jüdische Identität“, so sagt es der hannoversche Rabbiner Gábor Lengyel. Es ist nicht möglich, objektive Maßstäbe zu entwickeln, nach denen von außen das Jude-Sein eines Menschen beurteilt werden könnte.

Einige Feststellungen sind hier jedoch möglich und nötig:

Juden gehören keiner eigenen Rasse an, wie immer man den Begriff Rasse auch definieren mag. Dieser Begriff im Zusammenhang mit Menschen ist wissenschaftlich ohnehin unhaltbar.

Das Jude-Sein eines Menschen wird nicht notwendigerweise durch seine Religiosität bestimmt. Etwa die Hälfte aller heute lebenden Juden versteht sich als nicht religiös.

In Anmerkung (B1) und im Literaturverzeichnis findet ihr Hinweise auf die Versuche, eine Antwort auf die scheinbar einfache Frage „Wer ist Jude?“ zu bekommen.

Gehen wir einfach davon aus, dass Jude ist, wer sich als Jude und als Angehöriger des jüdischen Volkes versteht, und fragen weiter: „Was ist das jüdische Volk?“

In unserer Zeit bekommen die Begriffe „Volk“ und „völkisch“ manchmal wieder eine besondere, veraltete und Menschen trennende Bedeutung. In dem Sinn, mit dem der Begriff „Volk“ mitunter gebraucht wird, sind Juden kein Volk. Sie leben nicht in einem Land, sprechen nicht die gleiche Sprache und können weder über eine gemeinsame Kultur noch über eine Religion eingeordnet werden. Dennoch müssen wir als Christen die Bezeichnung, die im Alten Testament dem Volk Israel von Gott gegeben wurde, nämlich sein Volk zu sein, ernst nehmen. In diesem Text werden die Begriffe „Volk Israel“ oder „jüdisches Volk“ weiterverwendet. Beide Begriffe gehören in christliche Lehre und christliche Predigt; die Lehrer*innen müssen sich einer möglichen Fehldeutung jedoch bewusst sein.

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